Praxis: Prof. Dr. med. Uwe Schütz

Psoriasis-Arthritis (PsA) – Arthritis psoriatica

Synonyme. Spondylarthropathis psoriatica, Psoriasis-Arthroathie

Definition. Die Psoriasis-Arthritis (PsA) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, bei der sowohl die Haut (Psoriasis, Schuppenflechte) als auch die Gelenke (Arthritis) betroffen sind.

Epidemiologie. In Deutschland sind etwa 400.000 Menschen an PsA erkrankt. Sie lässt sich wie folgt beschreiben: Die Erkrankung kann in jeder Lebensphase beginnen, mit einem leichten Altersgipfel um das 40. Lebensjahr. 80% hatten einige Jahre vor der Diagnose PsA bereits eine Schuppenflechte, oft mehrere Jahre vor Beginn der Gelenkbeschwerden. Frauen und Männer sind etwa gleich häufig betroffen. Geschlechterunterschiede treten bei einzelnen Unterformen der PsA auf.

Ursachen (Ätiologie). Gegenwärtig werden genetische Besonderheiten und bestimmte Umwelteinfl üsse als Ursache für die Psoriasis-Arthritis diskutiert. Welche Faktoren aber genau die Krankheit auslösen, ist bis heute nicht geklärt. Man geht davon aus, dass es zu einer Fehlsteuerung des menschlichen Immunsystems kommt. Wie bei anderen chronisch entzündlichen Erkrankungen sammeln sich auch bei der PsA Abwehrzellen und entzündungsfördernde Botenstoffe in der Haut, in den Gelenken oder anderen Geweben an, auch, ohne dass dort vermeintliche „Feinde” wie Bakterien abzuwehren sind. Als Folge dieser ständigen und übersteigerten Aktivität des Immunsystems entsteht eine chronische Entzündung, die die typischen Krankheitssymptome wie Schwellung, Rötung, Schuppung, Steifigkeit und Verknorpelung hervorrufen kann.

Pathogenese. In den betroffenen Hautpartien und in der Gelenkflüssigkeit von Patienten mit PsA sind erhöhte Mengen an TNF-alpha (Tumornekrosefaktor alpha) nachweisbar. TNF-alpha, ein Botenstoff des menschlichen Immunsystems, fördert unter anderem die Abwehrreaktion auf schädigende Faktoren wie z.B. Krankheitserreger. Diese Reaktion wird nach erfolgreicher Beseitigung der schädigenden Faktoren normalerweise wieder heruntergefahren, die Entzündung klingt ab. Bei PsA scheint dieser Regelmechanismus der Immunabwehr gestört zu sein: Es findet eine ständige, übermäßige Nachproduktion von TNF-alpha statt, wodurch die Entzündung dauerhaft bestehen bleibt, d.h. chronisch wird.

Symtomatik. Zu den typischen Hautveränderungen der Psoriasis zählen Schuppung und Rötung, die überall an der Haut auftreten können. Bestimmte Körperstellen sind jedoch bevorzugt: Streckseiten von Knien und Ellenbogen, Nabel, Steißbein einschließlich Gesäßfalten, behaarter Kopf. Das Spektrum reicht vom Befall einzelner Hautstellen bis zur großflächigen Ausbreitung.
Der PsA kann in bis zu 80% der Fälle zusätzlich eine Nagel-Psoriasis vorliegen. Die Nagelbeteiligung kann den Gelenkbeschwerden vorausgehen, d.h. liegt eine Schuppenflechte vor, so kann eine Nagelbeteiligung ein wichtiger diagnostischer Hinweis auf eine mögliche Psoriasis-Arthritis sein.
Die betroffenen Gelenke sind häufig geschwollen, druckschmerzempfindlich und können in ihrer Funktionsfähigkeit beeinträchtigt sein. Bei einigen Patienten können die Gelenkstrukturen durch die Entzündung verändert bzw. teilweise zerstört und somit die Funktionsfähigkeit eingeschränkt werden.

Typische Symptome:
- Plaques: Hautveränderungen mit scharf begrenzten, entzündeten rötlichen Flecken, die von weiß-silbrigen Schuppen bedeckt sind.
- gestörtes Nagelwachstum wie z.B. punktförmige Dellen (Tüpfelnagel) und gelb-bräunliche Verfärbungen (Ölflecken)
- Gelenk-Schmerzen, -Schwellungen, -Rötung und Erwärmung in Finger-, Zehen-, Knie- und Sprunggelenken, sowie an der Wirbelsäule oder am Übergang zum Becken (Steißbeinbereich)
- Steifigkeit der Gelenke - nach dem Aufstehen oder nach einer Ruhephase lassen sich die betroffenen Gelenke häufig kaum bewegen, durch Bewegung bessern sich die Beschwerden
- Enthesitis: Schmerzen und Schwellung der Sehnen bzw. der Sehnenansatzpunkte an den Knochen (z.B. an der Achillessehne).
- Allgemeinsymptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit

Bei PsA kommt es an den Gelenken zur vermehrten Durchblutung und Hautrötung. Die Gelenke sind oft überwärmt und schmerzhaft geschwollen, denn die entzündete Gelenkinnenhaut sondert übermäßig viel Gelenkflüssigkeit ab und es entsteht ein Erguss. Wird der Prozess chronisch, kommt die Entzündung also nicht zum Stillstand, bildet sich vermehrt Bindegewebe, das als Pannus bezeichnet wird. Dieses Bindegewebe überzieht zunächst die Gelenkflächen und kann später in Knorpel und Knochen hineinwachsen, wodurch schließlich die Gelenkstruktur zerstört wird. Gelenknahe Strukturen wie Kapsel, Sehnen und Bänder werden von der Entzündung miterfasst, was zur Instabilität und Fehlstellung des Gelenkes beiträgt

5 verschiedene Formen können anhand der Lokalisation der Gelenkbeschwerden und weiterer Befunde charakterisiert werden (Übergangs- und Mischformen sind möglich):
1. Asymmetrische Oligoarthritis. Asymmetrischer Befall einzelner Gelenke wie Knie-, Sprung- und Fingergelenke. An Händen bzw. Füßen können alle Gelenke eines Fingers bzw. Zehs betroffen sein (sogenannter „Befall im Strahl“) – durch die charakteristische Schwellung leicht zu erkennen. Diese Verlaufsform kommt am häufigsten vor.
2. Distale interphalangeale (DIP) Arthritis. Die Endgelenke der Finger und Zehen sind bevorzugt beteiligt. Diese Form tritt eher bei Männern als bei Frauen auf.
3. Symmetrische Polyarthritis. Entzündlich veränderte Gelenke in symmetrischer Form – auf der linken und rechten Körperhälfte sind häufig die gleichen Gelenke betroffen. Diese Form ist vorwiegend bei Frauen zu beobachten.
4. Spondylitis (Wirbelentzündung). Die Erkrankung kann mit Schmerzen und Steifigkeit an der Wirbelsäule bzw. an der Verbindung zum Becken einhergehen.
5. Arthritis mutilans. Befall vor allem der kleinen Gelenke an Händen und Füßen. Seltene Form, die zu charakteristischen Deformierungen führen kann.

Diagnostik. Gerade zu Beginn der Erkrankung, bei minimalem Befall der Haut oder nur geringen Gelenkbeschwerden ist die PsA oft nicht einfach zu erkennen. Die Diagnose sollte dementsprechend von einem Facharzt gestellt werden. Steht die Haut im Mittelpunkt der Beschwerden, wird ein Hautarzt (Dermatologe) konsultiert. Bestehen Gelenkschmerzen, wird Ihr Arzt Sie zu einem Rheumatologen überweisen. Jedoch existiert kein einzelner Test, der zielsicher zur Diagnose PsA führt. Daher werden Informationen aus verschiedenen Untersuchungen beurteilt:
- Vorgeschichte: Ihre Beschwerden und andere Erkrankungen in der Vergangenheit.
- Familienanamnese: Gibt es Verwandte mit Psoriasis oder rheumatologischen Erkrankungen des Bewegungsapparates?
- Körperliche Untersuchung: Hautveränderungen werden begutachtet, Gelenke abgetastet, die Beweglichkeit der Wirbelsäule bei Rückenproblemen beurteilt.
- Körperlicher Funktionsstatus: Fragen zum Alltag z.B. wie leicht es fällt zu gehen, eine Flasche zu öffnen, sich zu kämmen, die Schuhe zuzubinden.
- Laborbefunde: Entzündungsmarker wie beispielsweise die Blutsenkung, das C-reaktive Protein (CRP) oder spezifische Antikörper (z.B. Rheumafaktor) können Hinweise geben, sind aber für sich alleine nicht eindeutig genug. Die Untersuchung von Hautproben oder Gelenkflüssigkeit kann in Zweifelsfällen erforderlich sein.
- Bildgebung: Für die Erkrankung charakteristische Veränderungen an den Gelenken werden in der Bildgebung häufig sichtbar. Von individuellen Faktoren und konkreten Fragestellungen hängt ab, ob z.B. Röntgen, MRT, CT oder Ultraschall als bildgebende Technik eingesetzt wird.
Um den Verlauf zu begutachten, werden die Untersuchungen i.d.R. wiederholt. Insbesondere die Bildgebung gibt Hinweise auf Veränderungen der Gelenke, die möglicherweise dem Patienten selbst noch nicht durch Symptome auffielen.

Therapie. So unterschiedlich die Symptome und Krankheitsverläufe sein können, so verschieden sind auch die jeweiligen Anforderungen an eine Therapie. Wichtige Behandlungsziele sind:
- weitgehende und dauerhafte Erscheinungsfreiheit der Haut und Nägel
- fortschreitende Gelenkschäden aufhalten
- Funktionsfähigkeit der Gelenke und der Wirbelsäule erhalten
- Schmerzen und andere Beschwerden lindern
Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad und dem bisherigen Verlauf der PsA. Dazu zählen u.a. Medikamente und begleitende Maßnahmen wie z.B. Funktionstraining, Ergotherapie und für die Haut z.B. Licht- oder Balneotherapie. Eine weitere Möglichkeit bietet die operative Behandlung betroffener Gelenke. 

Medikamente: Moderne Medikamente sind in der Lage, den Krankheitsverlauf zu beeinflussen und die Beschwerden zu lindern. Grundsätzlich gilt: Je früher man mit der Behandlung beginnt, desto größer die Chance, Entzündungsvorgänge in den Gelenken aufzuhalten und schweren Schäden vorzubeugen. Bei der medikamentösen Therapie der PsA folgen die meisten Ärzte unter Berücksichtigung der Symptome und des Schweregrads einem Stufenschema.
NSAR (Nichtsteroidale Antirheumatika) werden vor allem als Anfangsbehandlung der Gelenk- bzw. Rückenbeschwerden und bei leichter Erkrankung eingesetzt. NSAR hemmen die Entzündung im Gelenk und den Schmerz Die Wirkung tritt i.d.R. schnell ein und führt somit zu einer raschen Schmerzlinderung Die langfristige Gelenkzerstörung bzw. der Funktionsverlust der Gelenke werden jedoch kaum positiv beeinflusst Zu den Wirkstoffen zählen hier beispielsweise Diclofenac oder Ibuprofen, sowie die sogenannten COX-2 Hemmer wie z.B. Etoricoxib oder Celecoxib. Für einzelne Substanzen ist bekannt, dass sie psoriatische Hautveränderungen ungünstig beeinflussen können. Dies ist bei der Präparatewahl berücksichtigen.
Basistherapeutika. Diese Medikamente werden zur langfristigen Therapie entzündlicher Gelenk- und Hauterkankung eingesetzt. Experten empfehlen den Einsatz v.a., wenn NSAR nicht ausreichend wirken oder z.B. mehr als 5 Gelenke akut betroffen sind bzw. eine hohe Beeinträchtigung der körperlichen Funktionsfähigkeit vorliegt. Basistherapeutika können die Symptome lindern und die fortschreitende Zerstörung der Gelenke verlangsamen. Für die eigene Erwartungshaltung ist es wichtig zu wissen, dass die Wirkung und der Erfolg der Therapie erst verzögert eintreten können, d. h. nach mehreren Wochen. Der bekannteste Wirkstoff aus dieser Gruppe, der bei PsA eingesetzt wird, ist Methotrexat (MTX). Leflunomid ist eine weitere Option.
Biologika. Diese Medikamente greifen ganz spezifisch in bestimmte biologische Vorgänge ein und sind natürlichen Stoffgruppen nachempfunden (z.B. Antikörpern); man bezeichnet sie auch als Biologics (engl.) oder biotechnologische Arzneimittel. Wenn eine vorherige Basistherapie nur unzureichend geholfen hat, wird Ihr Einsatz empfohlen. Die zur Behandlung der PsA zurzeit eingesetzten Biologika sind Golimumab, Infliximab, Adalimumab, Certolizumab Pegol und Etanercept. Diese Präparate schalten ganz gezielt den körpereigenen, entzündungsfördernden Botenstoff TNF-alpha aus. Somit können Mechanismen blockiert werden, die den Entzündungsprozess auslösen und fördern. Mit einem anderen Wirkmechanismus ist Ustekinumab zur Therapie der PsA zugelassen. Sowohl Hauterscheinungen als auch Gelenkbeschwerden können in vielen Fällen gebessert und das Fortschreiten der Gelenkzerstörung bei regelmäßiger Anwendung einiger Präparate unterbunden werden.  Erste Therapieeffekte können z. T. bereits innerhalb von 2 Wochen beobachtet werden.
Spritzen im Akutfall. Kortikoide können lokal in den Gelenkspalt gespritzt werden. Liegen Beschwerden nur in einzelnen Gelenken vor, kann diese Maßnahme eine rasche Linderung bewirken. Kurz wirkende radioaktive Substanzen können in den Gelenkspalt gespritzt werden, um die verdickte Gelenkinnenhaut zu veröden („Radiosynoviorthese“). Dadurch können sich Entzündung und Gelenkerguss zurückbilden.
Schmerzmittel (Analgetika). Reine Schmerzmittel sollten bei entzündlichen Gelenkvorgängen so weit wie möglich vermieden werden. Sie beeinflussen zwar den Schmerz, der Entzündungsprozess wird jedoch nicht verändert. Fortschreitende Gelenkzerstörungen können unter der alleinigen Anwendung von Analgetika verschleiert werden und unerkannt fortschreiten. Wenn die zugrunde liegende Entzündung mit anderen Medikamenten erfolgreich behandelt wird, verbessert sich normalerweise gleichzeitig auch das Schmerzerleben. Bei starkem Schmerzempfinden werden reine Schmerzmittel als Zusatzbehandlung angewendet. 

Prognose und Verlauf. Die PsA entwickelt sich nicht bei allen Patienten gleich, eine Prognose kann daher nur schwer gestellt werden. Häufig verläuft sie in Schüben, d.h. es sind immer mal wieder Phasen mit stärkeren Hautveränderungen und /oder Gelenkbeschwerden zu beobachten. Dazwischen können unterschiedlich lange Perioden mit weitgehender oder völliger Erscheinungsfreiheit liegen. Im Zeitverlauf können zudem immer mehr Gelenke befallen sein. Die chronische Entzündung kann zu Bewegungseinschränkungen aber auch zum Funktionsverlust der Gelenke führen. Der Verlauf der PsA lässt sich meist positiv beeinflussen, auch wenn eine Heilung nicht möglich ist: Wird die Erkrankung rechtzeitig diagnostiziert und von Anfang an konsequent und mit aktivem Einsatz der Patienten behandelt, können Spätschäden an Gelenken oft verzögert oder sogar verhindert werden. Von entscheidender Wichtigkeit für den Verlauf erscheint
- den Erfolg der Behandlung regelmäßig vom behandelnden Facharzt kontrollieren zu lassen und ggf. bei unzureichender Wirkung und/oder Unverträglichkeit die Therapiemaßnahme zeitnah zu verändern.
- ein mögliches Fortschreiten der Erkrankung anhand von charakteristischen Veränderungen der Gelenke z.B. im Röntgenbild zu erkennen. Regelmäßige bildgebende Untersuchungen, etwa einmal im Jahr, werden empfohlen.
Wichtig – Erfolgsfaktor Therapietreue (Compliance). Die Therapietreue ist ein entscheidender Faktor für den weiteren Verlauf der Erkrankung. So sind die Medikamente auch bei Besserung der Beschwerden nach den Empfehlungen des behandelnden Arztes unbedingt weiter anzuwenden. Eine abgebrochene Therapie kann dagegen zu erneuten Krankheitsschüben und einer Verschlechterung des Krankheitsbildes führen.